Die Digitalisierung schreitet voran. Im Zuge dessen schießen seit einigen Jahren auch immer mehr sogenannte Employee Feedback Tools auf den Markt. Worum geht’s? Es geht um Apps, die von Unternehmen eingesetzt werden, um die Mitarbeiter zu mehr Feedback anzuregen. Schließlich ist es für Unternehmen äußerst ärgerlich, wenn Ideen oder Anregungen nicht auf den Tisch kommen, die das Unternehmen doch voranbringen würden – oder wenn Unternehmen wichtige Mitarbeiter verlieren, noch bevor sie deren Unzufriedenheit überhaupt erkannt haben.
Wie kann man sich das Ganze nun genau vorstellen? Zunächst stellt man fest, dass sich die verschiedenen Employee Feedback Tools teils stark voneinander unterscheiden. Drei typische Funktionen stelle ich Ihnen jetzt vor:
1. Pulse Survey Apps: Das deutsche Unternehmen CompanyMood bietet Unternehmen beispielsweise ein Pulsbefragungsinstrument an, bei dem Mitarbeiter wöchentlich per Browser, App oder stationärem Terminal lediglich die Frage „Wie war deine Stimmung in der letzten Woche“ auf einer Skala von 1 bis 5 beantworten. Darüber hinaus können Mitarbeiter noch Begründungen für ihre Stimmung angeben. Pulsbefragungen erfassen entgegen traditionellen Mitarbeiterbefragungen mit wenig Items nur einzelne Faktoren, sind schnell und einfach durchzuführen und werden regelmäßig wiederholt.
2. Anonyme Instant Feedback Apps: Mitarbeiter haben die Möglichkeit Ideen, Meinungen und Anregungen zu posten, die dann von Kollegen bewertet (geliked) und kommentiert werden können. Damit Mitarbeiter sich auch wirklich trauen, ihren Standpunkt zu äußern, geschieht das Ganze anonym.
3. Social Recognition Apps: Mitarbeiter können untereinander in Apps wie Achievers oder KudosNow untereinander als Dank für Unterstützung oder als Lob für tolle Leistungen „Anerkennungspunkte“ verteilen. Dazu wird jeweils ein kurzer Text verfasst. Hier ist typischerweise für alle sichtbar, wer wem Anerkennungspunkte gibt und auch wer insgesamt schon wie viele Anerkennungspunkte bekommen hat.
Möglicherweise schießen Ihnen jetzt eine ganze Reihe Bedenken durch den Kopf: Ist es nicht nervig, wenn ich jede Woche meine Stimmung angeben muss? Fördern wir so nicht eine Jammerkultur? Und was passiert dann mit den ganzen Daten? Führt Anonymität nicht dazu, dass Mitarbeiter ihren Frust ungefiltert in Form von Hetz-Kommentaren rausschreien? Jetzt sollen Mitarbeiter sich auch noch gegenseitig liken? Entstehen dann nicht Konkurrenzkämpfe um Anerkennung? …
Meine Antwort: Ja. Ich denke all diese Gefahren bestehen. Gleichzeitig möchte ich diesen Gefahren aber auch die großen Chancen entgegenstellen. Erstens: Laufendes Feedback gibt mir die Möglichkeit der frühzeitigen Erkenntnis, dass ich überhaupt eingreifen muss. Gerade vor dem Hintergrund aktiver Mitarbeiterbindung halte ich ein derartiges „Frühwarnsystem“ für äußerst hilfreich. Aus der Konfliktforschung wissen wir, dass Konflikte im Zeitverlauf eskalieren, also zunehmend größer werden und immer mehr Schaden anrichten. Hier gilt ganz besonders: Je früher wir Schwierigkeiten erkennen, desto besser. Zweitens: Wir wissen alle, wie schwer es sein kann, kritisches Feedback zu geben oder in einer Gruppe ehrlich seinen Standpunkt zu äußern, wenn wir vermuten, dass die Gruppenmeinung von unserer abweicht oder wir am Ende blöd dastehen. Diese unterschiedlichen Sichtweisen können aber gerade in komplexen Entscheidungssituationen Gold wert sein. Ich glaube auch, dass es grundsätzlich besser wäre, wenn Teams offen und direkt über alles reden können. Aber die Realität zeigt häufig das Gegenteil. Social Feedback Apps können hier Geburtenhelfer sein, die wichtige Gedanken zunächst auf den Tisch bringen. Zu guter Letzt kommunizieren Unternehmen durch die Einführung derartiger Apps auch immer, dass sie Wert auf Themen wie Stimmung, Anerkennung und Feedback legen. Durch die Verwendung der Apps gelangen diese Themen immer wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit von Führungskräften und Mitarbeitern, wodurch ein Wandel der Unternehmenskultur angestoßen werden kann.
Summa summarum: Social Feedback Tools bieten wie so ziemlich alles im Leben Risiken und Chancen. Unternehmen sollten ganz genau überlegen, welche Tools für sie sinnvoll sein könnten. Darüber hinaus – und das möchte ich hier ausdrücklich betonen – sollten Unternehmen genau prüfen, wie sie derartige Tools implementieren, welche Regeln für die Verwendung gelten sollen, wie sie potenziellen Gefahren schon im Vorfeld entgegenwirken und was mit den Daten unternommen wird.
Es gilt also, was für jede Einführung neuer Software gültig ist: Eine professionelle Planung und Begleitung ist für den Erfolg obligatorisch.