Die E-Mail ist da, das Herz schlägt schneller – und dann folgt die Enttäuschung: „Wir haben uns für einen anderen Kandidaten entschieden.“ Eine Absage vom Wunsch-Arbeitgeber ist ein harter Schlag, besonders wenn man sich große Hoffnungen gemacht hat. Doch was viele übersehen: Eine Absage ist kein endgültiger Schlussstrich. Mit klugen Strategien kann man sich dennoch langfristig Chancen offenhalten.
Eine der ersten Reaktionen sollte sein, professionell Feedback einzufordern. Viele Bewerber sehen eine Absage als Punkt, an dem sich der Kontakt mit dem Unternehmen erledigt hat. Dabei ist genau das Gegenteil ratsam: Nachzufragen zeigt Interesse, Lernbereitschaft und Professionalität. „Wer nach Feedback fragt, signalisiert, dass er gewillt ist, sich zu verbessern und die eigene Leistung zu reflektieren“, sagt Dr. Karin Ludwig, Karriereberaterin bei Hays. Eine freundliche E-Mail – etwa mit den Worten „Ich würde mich freuen, wenn Sie mir sagen könnten, woran es gelegen hat“ – kann den Grundstein für eine positive Erinnerung legen. Eine Studie der Universität Mannheim zeigt, dass Recruiter in fast der Hälfte der Fälle eine solche Anfrage positiv bewerten und den Kandidaten möglicherweise für andere Positionen im Unternehmen im Blick behalten.
Doch es geht nicht nur um Feedback. Wer klug handelt, nutzt die Gelegenheit, den Kontakt zu den Entscheidern langfristig zu pflegen. Berufliche Netzwerke wie LinkedIn oder XING bieten ideale Plattformen, um eine Verbindung herzustellen. Das Teilen relevanter Brancheninformationen oder gelegentliche Updates zur eigenen beruflichen Entwicklung können helfen, im Gedächtnis zu bleiben, ohne aufdringlich zu wirken. Julia Reuter, Recruiting-Leiterin bei Siemens, rät dazu, diese Netzwerke strategisch zu nutzen: „Ein authentischer Kontaktaufbau, der sich auf gemeinsame Interessen und Themen stützt, ist oft der Schlüssel, um positiv wahrgenommen zu werden.“
Der richtige Zeitpunkt für eine erneute Kontaktaufnahme ist ebenfalls entscheidend. Nach einer Absage ist es ratsam, sich erst nach einigen Monaten wieder zu melden – nicht nur aus Höflichkeit, sondern auch aus rechtlichen Gründen. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schreibt vor, dass Bewerbungen in den meisten Fällen nach sechs Monaten gelöscht werden müssen. Diese Frist bietet Bewerbern die Gelegenheit, sich weiterzuentwickeln und mit aktualisierten Unterlagen einen neuen Versuch zu starten. Johannes Seibert, Arbeitsrechtsexperte bei der Kanzlei Gleiss Lutz, erklärt: „Eine erneute Bewerbung nach etwa sechs Monaten wird selten negativ wahrgenommen, besonders wenn der Bewerber zeigen kann, dass er seit der ersten Bewerbung Fortschritte gemacht hat.“
Erstaunlich ist, wie oft Unternehmen eine erneute Bewerbung sogar begrüßen. Eine Analyse des Jobportals StepStone zeigt, dass rund ein Drittel der befragten Unternehmen Wiederbewerbungen als Zeichen von Engagement werten. Gerade in großen Konzernen, wo verschiedene Recruiter für unterschiedliche Positionen zuständig sind, bietet eine erneute Bewerbung oft neue Chancen. Hier gilt jedoch: Qualität statt Quantität. Eine zweite Bewerbung sollte nicht nur eine Kopie der ersten sein, sondern klar aufzeigen, was sich seitdem verändert hat. „Die Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln und gezielt an Schwächen zu arbeiten, beeindruckt viele Recruiter“, betont Dr. Theresa Meier, Autorin des Buches Erfolg durch Bewerbung.
Doch selbst wenn es nicht sofort mit einer neuen Stelle klappt, kann der Kontakt zu Personalentscheidern wertvoll sein. „Ein gutes Verhältnis zu Recruitern ist oft mehr wert als die eigentliche Bewerbung“, sagt Florian Berg, Senior Manager bei Robert Half. Denn Personalverantwortliche sind meist gut vernetzt – sowohl innerhalb des Unternehmens als auch darüber hinaus. Wenn eine bestimmte Position nicht passt, könnten sie den Kandidaten später für andere Stellen empfehlen. Auch ein Wechsel des Recruiters oder des direkten Vorgesetzten zu einem anderen Unternehmen kann neue Chancen eröffnen. Beziehungen pflegen lohnt sich – das gilt besonders in einer Arbeitswelt, die zunehmend auf Netzwerke setzt.
Neben all diesen Strategien bleibt jedoch ein zentraler Punkt: Geduld. Der Wunsch, sich beim Traum-Arbeitgeber zu beweisen, ist verständlich, aber er sollte nicht in Drängeln oder Ungeduld münden. Vielmehr geht es darum, langfristig am Ball zu bleiben. Julia Reuter fasst es treffend zusammen: „Wer dranbleibt, ohne aufdringlich zu wirken, erhöht die Chancen, beim nächsten Mal die perfekte Besetzung zu sein.“
Am Ende zählt nicht, wie oft man abgelehnt wird, sondern wie klug man mit diesen Erfahrungen umgeht. Denn die Fähigkeit, aus Rückschlägen zu lernen und sie in Chancen zu verwandeln, wird nicht nur vom nächsten Arbeitgeber geschätzt – sie ist eine der wertvollsten Kompetenzen in einer sich ständig wandelnden Arbeitswelt.