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50+ und die Karriere scheint vorbei zu sein?

Die sorgfältig aufgebaute Karriere gerät ins Stocken. Jüngere übernehmen. Es beschleicht einen das Gefühl, nicht mehr gefragt zu sein. Der „Karriereknick“. Aber geht man richtig mit der Situation um, kann man es zum Positiven wandeln.

Der sogenannte „Karriereknick“ trifft viele Arbeitnehmer über 50 und hat weitreichende Auswirkungen auf ihre berufliche Zukunft. Besonders in der modernen Arbeitswelt, die sich rasch verändert und in der jüngere Arbeitnehmer bevorzugt werden, stehen ältere Mitarbeiter oft vor dem Problem, dass ihre Karriere ins Stocken gerät. Doch dieser Knick muss nicht das Ende einer erfolgreichen Laufbahn sein – vorausgesetzt, man bereitet sich aktiv darauf vor und ist bereit, sich neuen Anforderungen anzupassen.

Laut einer aktuellen Umfrage von XING („Altersdiskriminierung in deutschen Unternehmen“) und Appinio haben rund 34 Prozent der 50- bis 67-jährigen Arbeitnehmer in Deutschland bereits Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz erlebt. Besonders problematisch ist, dass solche Diskriminierungen oft von Führungskräften selbst ausgehen, wie die Studie belegt. „Statt bewährte Arbeitskräfte zu unterstützen und ihre Erfahrung wertzuschätzen, werden Menschen schrittweise aufs berufliche Abstellgleis geschoben“, kritisiert Thomas Kindler, Geschäftsführer bei XING. Ein Drittel der Befragten gibt an, bei Bewerbungsprozessen aufgrund ihres Alters benachteiligt worden zu sein, was besonders angesichts des Fachkräftemangels eine fragwürdige Praxis darstellt.

Ein weiteres häufiges Hindernis für Arbeitnehmer über 50 ist der fehlende Zugang zu Weiterbildungsangeboten. Laut der XING-Umfrage haben 31 Prozent der über 50-Jährigen keine Fortbildungsangebote mehr erhalten. Diese strukturelle Diskriminierung führt oft dazu, dass ältere Arbeitnehmer von neuen technologischen Entwicklungen abgehängt werden. Dies bestätigen auch andere Quellen, die darauf hinweisen, dass Arbeitnehmer in dieser Altersgruppe häufig mit Vorurteilen zu kämpfen haben, wonach sie weniger lernfähig seien oder mit dem technologischen Wandel nicht Schritt halten könnten. Zum Beispiel eine Studie im Auftrag von Stepstone.

Doch es gibt Wege, dem Karriereknick zu entgehen. Ein zentraler Ansatzpunkt ist die Weiterbildung. Fachleute betonen, dass lebenslanges Lernen der Schlüssel ist, um auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. Dr. Irène Kilubi, Expertin für Generationenmanagement, unterstreicht die Bedeutung von generationenübergreifender Zusammenarbeit: „Ohne ältere Arbeitnehmende geht es nicht. Ohne die Jüngeren aber auch nicht.“ Diese Diversität in den Teams bereichert nicht nur das Unternehmen, sondern bietet auch älteren Arbeitnehmern die Chance, ihre Erfahrung und ihr Wissen gewinnbringend einzusetzen.

Netzwerke spielen ebenfalls eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, im Beruf auch jenseits der 50 erfolgreich zu bleiben. Der Austausch mit ehemaligen Kollegen oder Geschäftspartnern kann neue berufliche Möglichkeiten eröffnen und bietet oft auch moralische Unterstützung. Die Arbeitsmarktexpertin Sabine Huber weist darauf hin, dass Netzwerke besonders wertvoll sind, wenn es darum geht, neue Herausforderungen anzunehmen oder die Karriere neu auszurichten. „Es ist entscheidend, dass ältere Arbeitnehmer ihre Kontakte pflegen und sich nicht auf ihren bisherigen Erfolgen ausruhen“, erklärt Huber in „Netzwerken im fortgeschrittenen Alter“ auf ingenieur.de.

Auch die Bedeutung von kontinuierlicher Fortbildung und einer offenen Haltung gegenüber neuen Technologien kann für Arbeitnehmer im Karriereknick nicht genug betont werden. In einer Arbeitswelt, die sich zunehmend durch Digitalisierung und technologische Innovationen definiert, bleibt Stillstand keine Option – vor allem nicht für die Generation 50+. Wie Dr. Christian Scholz, Professor für Management an der Universität des Saarlandes, betont, müssen ältere Arbeitnehmer „Technologien nicht nur verstehen, sondern auch die Bereitschaft zeigen, diese aktiv anzuwenden, um gegenüber jüngeren Kollegen konkurrenzfähig zu bleiben“. Gerade in Feldern wie IT, Marketing und Produktion, die stark von technologischen Fortschritten geprägt sind, sei es unerlässlich, technisches Know-how durch gezielte Fortbildungen zu erweitern. Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf agile Arbeitsmethoden, für deren Beherrschung kontinuierliches Lernen eine Grundvoraussetzung ist.

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt zudem, dass ältere Arbeitnehmer, die sich in neuen Technologien weiterbilden, deutlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. „Die Digitalisierung verändert die Berufsbilder radikal“, sagt Sabine Klinger vom IAB. Sie stellt klar, dass die Generation 50+ besonders von Schulungen im Bereich künstliche Intelligenz, Automatisierung und Datenanalyse profitieren kann, um mit jüngeren, digital affinen Arbeitskräften mithalten zu können. Diese Offenheit für neue Technologien schließt auch die Nutzung moderner Softwarelösungen ein, die in immer mehr Branchen zur Standardanforderung werden. Unternehmen schätzen es, wenn ältere Mitarbeiter sich dieser Herausforderung stellen und somit beweisen, dass sie nicht nur über Erfahrung, sondern auch über zukunftsorientierte Fähigkeiten verfügen.

Entscheidend ist aber auch, dass Unternehmen beginnen, Altersdiversität als Gewinn und nicht als Herausforderung zu betrachten. „Arbeitgeber sind gut beraten, das Potenzial an Wissens- und Perspektivvielfalt zu nutzen und vor allem die Zusammenarbeit verschiedener Altersgruppen aktiv zu fördern“, rät Kindler. Auch der Lüneburger Wirtschaftspsychologe Jürgen Deller ist überzeugt: „Silver Worker sind ein Gewinn für jedes Unternehmen“.

Der Karriereknick ab 50 ist also keineswegs „gesetzt“ oder das Ende einer beruflichen Laufbahn. Mit der richtigen Strategie und einem offenen Mindset können ältere Arbeitnehmer nicht nur ihre Position sichern, sondern auch neue Wege einschlagen. Entscheidend ist dabei die Bereitschaft, sich den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt zu stellen und sich aktiv an die sich wandelnden Anforderungen anzupassen.

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